AusDrücklich Offenbach

Eine wichtige neue Publikation über den Druck in Offenbach

Offenbach und Druck? Aber, ist es nicht: Offenbach und Leder? Tatsächlich ist es beides. Aber während der Begriff Leder ein traditionsreiches Gütesiegel ist, ist Druck für Offenbach ein Thema, das eher einer kleinen Gruppe von Spezialisten bekannt ist. Und selbst die würden sich – das lehrt die Erfahrung – meist auf einen bestimmten Teil des Feldes konzentrieren.

Es musste also eine neue Geschichte erzählt werden, weniger im Sinne von grundsätzlich unbekannten Fakten, sondern neu insofern, als die Verbindung zwischen diesen verschiedenen Teilen nie zu einem einheitlichen Profil von „Drucken in Offenbach“ zusammengefügt wurde. Und das ist es, was das neue Buch (Offenbacher Studien, Bd.5) vorantreiben will.

Frühere Bände der Offenbacher Studien hatten die Bedeutung von Highlights wie den frühen Ergebnissen der Lithographie zu Beginn des 19. Jahrhunderts und der berühmten Offenbacher Haggada (1927) erhellt, und erst in diesem Frühjahr wurde der Katalog einer neuen Ausstellung zur Präsentation des Klingspor Typenarchivs vorgelegt.

Aber es ist der Band „AusDrücklich Offenbach“, in dem mehr Aspekte in ein Kompendium über „Drucksachen“ integriert sind. Sicherlich nicht die vollständige, aber doch eine Geschichte von großer Vielfalt. Die Hauptintention ist in der Verknüpfung der beiden Kapitel Senefelder/Lithographie auf der einen und der Schriftgießerei Klingspor auf der anderen Seite zu sehen. Beide Abteilungen wurden nur sehr selten gemeinsam als Träger von gedruckter Information gesehen, sondern hatten durchaus ihre jeweils eigenen Anhänger. Die Rolle Offenbachs auf dem Gebiet der Druckorte war dadurch nicht besonders stark ausgeprägt. Natürlich ist es in der Nachbarschaft von Mainz und Frankfurt alles andere als einfach, eine eigene Haltung zum Druck nachzuweisen. Aber Offenbach hat es im Laufe der Jahre versäumt, seine diesbezüglichen Chancen zu nutzen.

„AusDrücklich Offenbac“ kann die Situation hoffentlich verbessern. Es gibt Menschen und Orte, Absichten und Erfindungen, die sich zu diesem einen Areal des Druckens in der Stadt formieren. Dazu gehören die historischen Ausgaben hebräischer Bücher (18./19.Jh.), Senefelder und Klingspor, insbesondere dessen Hausdruckerei mit der berühmten Schriftproben-Sammlung, die zwanzig sogenannten Rudolfinischen Drucke, delikate Bücher dank der Zusammenarbeit von Künstler Rudolf Koch und Drucker Rudolf Gerstung. Vor etwa 40 Jahren war es Unica T mit neuen Aspekten des gedruckten Künstlerbuchs, gefolgt von Anton Würth, einem international geschätzten Künstler und Experten für Gravur. Junge Künstler werden in den letzten wieder an der Hochschule für Gestaltung ausgebildet, wo der Künstler und Drucker Volker Steinbach die Freude der Studenten an den ursprünglichen Drucktechniken stärkt. Darüber hinaus bietet die brandneue Druckwerkstatt der beiden Offenbacher Museen Haus der Stadtgeschichte und Klingspor Museum, die von der Internationalen Senefelder Stiftung (ISS) optimal unterstützt wird, jungen wie auch erfahrenen Menschen eine Vielzahl von Druckmöglichkeiten.

Offenbach beherbergt zudem einen der großen Hersteller von Druckmaschinen – MAN Roland, heute manroland sheetfed. Die Stadt ist also ein erstklassiger Ort, um die Aufgaben und Eigenschaften des Druckens auf künstlerischer und kommerzieller Ebene zu vergleichen. Drucken in kleinen Auflagen, Druckmaschinen für den Druck in großen Dimensionen – beides hat in Offenbach einen starken Auftritt.

Und nicht zuletzt der Aspekt des alltäglichen Druckens, um Informationen in die Öffentlichkeit zu tragen: Die Offenbach Post hat ihre Geschichte zu erzählen und beschreibt die Anforderungen der „modernen Information“. Das letzte Kapitel unseres Buches.
Alles in allem – Offenbach lebt den Druck und liebt das Drucken – in vielerlei Hinsicht, an vielen verschiedenen Einrichtungen; ein Zusammenspiel von Menschen, Orten und Publikationen.


Vorwort / Andruck

AusDrücklich Offenbach – der Titel appelliert an eine Wahrnehmung der Stadt Offenbach, die tiefer als ihre oberflächlichen Augenblicke zielt, die die Klischees des Underdogs, der Armut oder der Disparatheit hinter sich lässt. Vielmehr richtet sich der Blick auf die Kräfte, die das Zusammenfinden der Stadt, gerade auch im Prozess ihres Anwachsens, würdigen und fördern.

In diesem Zusammenhang spielt die kontinuierliche Erkundung der kulturellen Stränge eine wichtige Rolle. Sie fördert zu Tage, wie es in Offenbach gelingen konnte, Fabrikation mit kulturell, künstlerischem Anspruch zu verbinden.

Drucken fügt sich als ein Element von Gewicht – denn das haben Druckmaschinen, Lithosteine, Papierstapel, Setzkästen so an sich – und Bedeutung in diese Betrachtung ein. Denn das Drucken nimmt einen wesentlichen Anteil daran, dass die Verbreitung von Information gelingt. In Offenbach sind dazu immer aufs Neue Beiträge entstanden, die weit über die Grenzen der Stadt hinaus hinsichtlich ihrer künstlerischen Qualität und ihrer kulturellen Bedeutung wahrgenommen sind. Wie tief sich Drucken in das Geschehen dieser Stadt eingeschrieben hat, will dieses Buch verdeutlichen. Es führt die einzelnen Segmente und die mit ihnen verbundenen Namen bisher nur vereinzelt wahrgenommenen Weise zu einer thematischen Einheit zusammen. Vielfältig im Verlauf der Jahrhunderte gewachsen, stellt sich mit diesem neuen Ansatz Drucken als ein Phänomen Offenbachs heraus, das sich viel stärker als bisher gesamtheitlich und effektiv die kulturelle und soziale Geschichte der Stadt bestimmt.

Ein Eckpfeiler des Themas in Offenbach ist das Haus der Stadtgeschichte, das die einzigartige Rolle Offenbachs für die Lithographie-Geschichte mit seiner grafischen Sammlung dokumentiert. In ihr aufgenommen ist, was sich aus der intensiven Tätigkeit der Internationalen Senefelder Stiftung an Lithographie-Schätzen seit den 1970er Jahren in Offenbach eingefunden hat.

Eckpfeiler ist auch das Klingspor Museum für internationale Buch- und Schriftkunst, das jüngst von einem Kenner wie Andreas Platthaus als eine »der größten deutschen Schatzkammern der Druckkunst« (Andreas Platthaus: Hillmann. Ein Zeichner und seine Welten, Berlin 2021) eingestuft wurde.

In verschiedene Bereiche hinein reicht Drucken als wichtiges Instrument. In die Geschichte und Gegenwart der Herstellung von Druckmaschinen, die Geschichte der Religionsausübung und der politisch-literarischen Stellungnahme, und Drucken verbindet das Künstlerische und seine Relevanz im Wirtschaftsleben der Stadt. Stichworte, die diese Bedeutung und Funktion des Druckens markieren, sind: Hebräische Drucke, Hessischer Landbote, Aloys Senefelder, Hausdruckerei Karl und Wilhelm Klingspor, Rudolfinische Drucke, Drucken an der Hochschule für Gestaltung (HfG), die Weltfirma manroland sheetfed und die jüngst Von den Museen und der Internatiolen Senefelder Stiftung neu eingerichtete Druckwerkstatt – mit jedem einzelnen Begriff mögen sich Verbindungen und Assoziationen ergeben, zu diesem und jenem Thema erinnert man sich einer Ausstellung oder Publikation, aber sie alle zusammenzuführen, unternimmt dieses Buch zum ersten Mal. Damit soll es den Grundstein legen für eine weiterführende Betrachtung durch Wissenschaft, Politik und Gesellschaft – die jeweils aus ihrem Blickwinkel und mit ihren Möglichkeiten dazu beitragen, das Potential des Themas Drucken in die weitere Profilierung der Stadt einzubeziehen.

Offenbach verbindet sich mit Positionen der Toleranz (hebräische Drucke), des Engagements für Bürgerrechte (Hessischer Landbote), mit Musik als Wirtschaftsfaktor (Senefelder), und der Schrift als zentralem Informationsträger (Klingspor) – Drucken steht wie kaum ein anderes Verfahren für die Verzahnung der Gesellschaft hinsichtlich ihrer Aktivitäten in Wirtschaft, Kunst, Begegnung. Sie
stehen sich nicht additiv gegenüber, sondern erweisen ihre Wichtigkeit im Verbunden-Sein.

Der vorliegende Band der Offenbacher Schriftenreihe macht somit ersichtlich, welchen gewichtigen Beitrag die Stadt für Geschichte und Gegenwart der Kunst des Druckens schreibt. Offenbach ist bis heute der Standort eines der bedeutendsten Produzenten von Druckmaschinen, und manroland sheetfed ein wichtiger Arbeitgeber. Drucken hat in dieser Stadt seine Historie, aber es gehört eben auch zum Wirtschafts- und Kulturleben der Stadt von Heute elementar dazu.

Mein Dank gilt den Initiatoren dieser Publikation in den Museen. Dabei würdige ich ausdrücklich hre Absicht, nicht allein eine der Druckgeschichte an sich verpflichtete Darstellung zu präsentieren, sondern die heute und morgen politisch Verantwortlichen in die Pflicht zu nehmen, das Buch als Impuls zur weiteren Stärkung und Belebung des Themas Drucken zu nutzen. Es hat das Potential, die Wahrnehmung der Stadt weiter zu bereichern.

Mein Dank gilt der Dr. Marschner Stiftung – wieder ermöglichst sie ein bedeutendes Unterfangen im Kulturleben Offenbachs. Ohne sie wäre auch der Einstieg in die neue Druckwerkstatt nicht gelungen.

Zusammengefasst unterstreicht das vorliegende Buch AusDrücklich Offenbach, was Johann Wolfgang von Goethe den Studenten im Faust wissen und aussprechen lässt: „Denn was Du schwarz auf Weiß besitzt, kannst Du getrost nach Hause tragen.“

Dr. Felix Schwenke
Oberbürgermeister der Stadt